Regierender Fürst von Pyrmont
Anton Ulrich von Waldeck-Pyrmont

Es gibt etwas, was jeden Herrscher mühelos auf die Palme bringt, und das ist eine boomende Wirtschaft, von deren Gewinnen nichts in die Steuer fließt.
So war es 1720 in Pyrmont. Die Dörfer rund um den Hylligen Born hatten sich prächtig entwickelt, waren aber nicht mehr in der Lage, die Masse der Kurgäste zu bewirten. Also hatte man knapp außerhalb des Dorfes Oesdorf einen Verbindungsweg zum Baugebiet für Logierhäuser, also Kurhotels, erklärt und rechts und links dieses Weges waren so etwa zwei Dutzend dieser Bauten entstanden und beherbergten gut zahlende Gäste.
Das Geld floss in Strömen. An dieses Geld wollte der Fürst ran. Die Sache hatte nur einen juristischen Haken: das damalige Steuersystem. In jeder Stadt wurden Steuern erhoben. In jeder Stadt! Aber ein Verbindungsweg mit knapp 30 Hotels war keine Stadt. Da war kein Marktplatz, kein Rathaus, keine Stadtmauer. Nur Dörfer. Plattes Land. Bauern, Landvolk. Und die mussten Naturalabgaben leisten. An Bargeld kam das fürstliche Finanzamt nicht so recht heran. Und die paar lumpigen Kröten aus der Kurtaxe lohnten kaum den Aufwand. Doch dann brachte Fürst Anton Ulrich seine Juristen auf Trab und die fragten sich: Warum muss eine Stadt aussehen wie die benachbarten Städte Lügde oder Hameln? Eine Stadt hat Straßen. Wir haben zwar nur eine, aber was soll´s? Eine Stadt hat Häuser. Hier gibt es nur Hotels, aber was soll´s? Stadtmauern? Gartenmauern halt, aber sei es drum.
Kurz und gut: Die Straße wurde zur Stadt "erhoben", zur "Neustadt Pyrmont". Die neuen "Bürger" rieben sich erstaunt die Augen. Das soll eine Stadt sein? Das Staunen dauerte nur bis zum Eintreffen der Steuerbescheide, dann wusste man Bescheid. In jeder Beziehung. Anton Ulrich verdreizehnfachte durch diesen Trick seine Steuereinnahmen. Juristisch nannte man so eine Steuerkonstruktion "Akzise-Stadt", auf gut deutsch für den einfachen Steuerzahler: Mehrwertsteuer-Stadt.
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